Für alle Architekten, Beratenden Ingenieure und sonstige Bauplaner interessant, die in Bayern tätig sind: Der Bayerische Landtag hat vor wenigen Tagen dem Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus zugestimmt. Die neue Bayerische Bauordnung soll Anfang Februar 2021 in Kraft treten. Nach dem Inkrafttreten der neuen Bayerischen Bauordnung gilt damit ein verkürztes Abstandsflächenrecht, Dachgeschossausbauten sind genehmigungsfrei möglich und für Anträge von Wohnvorhaben wird eine Genehmigungsfiktion von drei Monaten eingeführt. Weitere Erleichterungen gibt es bei der Aufstockung von Gebäuden, beim Bauen mit Holz und bei den Stellplätzen.
Einer der Hauptpunkte der Gesetzesnovelle ist die sogenannte Genehmigungsfiktion. Damit sollen Bauvorhaben im Bereich des Wohnungsbaus deutlich schneller genehmigt werden können. Die Bayerische Staatsministerin für für Wohnen, Bau und Verkehr, Kerstin Schreyer, wird in einer Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung folgendermaßen zitiert: „Wir machen es Bauherren so leicht wie möglich. Für die meisten geplanten Wohngebäude gilt künftig: Wenn sich die Baugenehmigungsbehörde drei Monate nach dem Einreichen des Bauantrags nicht meldet oder anders entscheidet, gilt der Antrag automatisch als genehmigt.“ Mit der Novelle der Bayerischen Bauordnung wird auch das Abstandsflächenrecht deutlich vereinfacht. Die Abstandsflächen werden auf 40 Prozent der Wandhöhe reduziert (Mindestabstand: drei Meter), in Gewerbe- und Industriegebieten sogar noch weiter. „Damit fahren wir den Flächenverbrauch stark zurück. Mir ist aber wichtig, dass das verträglich ist. Deshalb bleibt ein Mindestmaß von drei Metern. Gemeinden können wie bisher auch größere Abstandsflächen in einer Satzung festlegen“, so Ministerin Schreyer. Darüber hinaus wird das Bauen mit Holz erleichtert. Es kann künftig in allen Gebäudeklassen verwendet werden. Schreyer: „Damit machen wir Holz als Baustoff deutlich attraktiver und das Bauen dadurch nachhaltiger.“ Außerdem wird es für Bauherren günstiger. Die neue Bayerische Bauordnung sieht etwa vor, dass die Kommunen die Stellplatzpflicht flexibler regeln können, weil sie zum Beispiel alternative Mobilitätskonzepte berücksichtigen können. Für den Ausbau von Dachgeschossen ist künftig keine Genehmigung mehr nötig. Außerdem soll die Pflicht zum Einbau eines Aufzugs wegfallen, wenn der Aufwand dafür unverhältnismäßig groß wäre.
Die Bayerische Architektenkammer bezieht presseöffentlich Stellung zur Novelle der Bayerischen Bauordnung: "Leider wurde mit dem aktuell vorliegenden Gesetzentwurf die Chance vertan, das Thema Bauen im Bestand mitentscheidenden Privilegien gegenüber Neubauten auszustatten. So hätte man sowohl dem Anspruch an flächen-und ressourcenschonendes Bauen besser gerecht werden als auch die vorhandenen Klimaschutzziele im Bausektor aktiver angehen können."
Die Bayerische Architektenkammer hatte zudem in einer öffentlichen Stellungnahme auf folgende drei Aspekte der Gesetzesnovelle hingewiesen:
1.) Die Verkürzung der Abstandsflächen von 1,0 H auf 0,4 H bedürfe keiner regionalen Sonderregelungen durch die Bayerische Bauordnung. Gemeinden können – wie bisher – auch größere Abstandsflächen in ihrer Satzung festlegen. Mit einer Verkürzung der Abstandsflächen auf 0,4 H sei bereits jetzt abzusehen, dass in Siedlungsgebieten Bewohnern potentiell weniger nutzbarer Freiraum zur Verfügung stehen wird. Umso wichtiger – und das zeige gerade die Corona-Pandemie – werde dann die Qualität des Freiraums sein. Die Bayerische Architektenkammer hätte es deshalb gerne gesehen, dass die Qualität des Freiraums zum Bauantrag verpflichtend durch einen qualifizierten Freiflächengestaltungsplan nachgewiesen werden muss.
2.) Die unteren Baugenehmigungsbehörden benötigen statt kurzer Fristen (Genehmigungsfiktion) mehr Personalkapazitäten für qualifizierte Mitarbeiter, um Prüfvorgänge im Rahmen der bestehenden Verfahren zu beschleunigen und belastbare, gemeinwohlorientierte und vor allem rechtssichere Genehmigungen auszusprechen. Zudem sollten Digitalisierungsprozesse umfassend und schnellstmöglich in die Genehmigungsverfahren implementiert werden, um damit ein funktionsfähiges und leistungsstarkes System im Schulterschluss zwischen Entwurfsverfassern und Genehmigungsbehörden zu sichern, so die Forderung der Bayerischen Architektenkammer.
3.) Die Bayerische Architektenkammer lehnt die Einführung von Typengenehmigungen, wie sie in der Novelle der Bayerischen Bauordnung vorgesehen sind, ab. Sie führen nach Ansicht der Kammer zu stereotypen Gebäudestrukturen und Nachteilen in der Bau-und Planungskultur in Bayern. Mit ihrem Know-how und ihrer Erfahrung seien Architekten in der Lage, ansprechende und innovative Projekte auf den Weg zu bringen, die für den jeweiligen Ort identitätsstiftend sind und nachhaltig Heimat schaffen.
Die Bayerische Staatsministerin für für Wohnen, Bau und Verkehr, Kerstin Schreyer, erklärt die wichtigsten Neuerungen: https://www.youtube.com/watch?v=0hyNmyYWQUA
Für Architekten, Beratende Ingenieure und andere Berufsgruppen der Bauplanungsbranche gilt: Machen Sie im Rahmen des vereinbarten Berufsbildes einen Fehler (zum Beispiel aus Unwissenheit, weil Ihnen die Neuerungen der Bayerischen Bauordnung noch nicht bekannt waren), dann greift die Berufshaftpflichtversicherung. Mehr Infos unter https://www.pisa-versicherungsmakler.de/versicherungen/berufshaftpflichtversicherung